Leben ist immer auch zeichnen

10 Jahre Schaffen von Gisela Krause in der Galerie Kunstforum – ein Beweis der Vielseitigkeit einer Künstlerin.

Die Arbeiten sind thematisch geordnet. Zuhinterst und zu Recht zentral hängen drei dramatische, grossformatige Bilder aus dem Ikarus-Zyklus in Rot, Schwarz und Weiss. In diesen wie in anderen Werken, die Menschen zum Thema haben, zeigt sich die Souveränität der Künstlerin im Umgang mit menschlicher Bewegung. Figurativ malt sie oft und immer wieder, stellt aber ab und zu an sich den Anspruch, davon wegzukommen. Ein erstes Mal setzte sie sich dieses Ziel Ende der achtziger Jahre. Damals entstanden u. a. drei phantastische Landschaften, die beim Eingang hängen. Die “Vögel” nebenan sind 1996 entstanden; wenig Farbe auf Grau ist schwarz akzentuiert. In den dahinter liegenden Kojen zeigt sie Strukturen in leuchtendem Blau und Schwarz, im vergangeneu Jahr mit eher trockener Farbe auf Papier entstanden und hinterher ausgekratzt. Dazu arrangiert sie zarte Wasserbilder, von denen die meisten schon 1991 entstanden sind.

Raumzeichnungen

Gefühle sind die Auslöser für Krauses Bilder, ob auf eher individueller oder globaler Ebene – die Künstlerin findet stimmige Bilder für ihre Gedanken. Der rasche Mal-Gestus ist eins von Gisela Krauses Markenzeichen. Die Werke von intensiver Wirkung entstehen in kurzer Zeit; hinterher fühlt sich die Künstlerin ausgepumpt. Die Zeichnung ist Gisela Krauses eigentliches Medium. Sie erlaubt entsprechendes Tempo und Feinheiten. Dazu verwendet sie Tusche und etwas Farbe. Letztes Jahr entstand die Serie “Street Parade” – eins der Sujets ziert die Einladungskarte- Sujets finden sich manchmal unverhofft, wie das folgende Thema, von dem die Künstlerin eine kleine Skizze gefertigt hatte. In “Figur auf Wagen” zeigt Krause die Zeit als Wagen, auf dem ein hilfloser Mensch irgend wohin gezerrt wird. Orange Figur auf blauem Wagen; darunter Grün …

Seit langem beschäftigt sich Gisela Krause mit einer für sie möglichen Form der Skulptur, vom Material her geeignet für ihren speziellen Duktus und gewichtsmässig nicht zu schwer zum Verschieben. Bei ihrer Suche ist sie mit der “Raumzeichnung” auf eine Möglichkeit gestossen,- auch grössere Figuren aus Draht und drahtgitterverstärktem Papier-Mache herzustellen. Die fertigen, mehr oder weniger figurativen, luftigen Skulpturen präsentieren sich als faszinierende Mischung aus Zwei- und Dreidimensionalität. Meist liegen sie wie das freundlich bemalte “Pin Up Girl”, denn Standfestigkeit ist nicht die Stärke dieser leichten Technik. Fliegen, die Versuche und Stürze – vier eindrückliche Skizzen aus demselben Zyklus begleiten die drei raumgreifenden rot-schwarzen Ikarus Gemälde. Die beiden· “Häutungen” im hintersten Raum sind ebenfalls Rot-Schwarz-betont, auch der “Wanderer” ist Ende der achtziger Jahre entstanden.

Kathrin Gebert-Kuhn, Landbote