Linienspiel

“Querschnitt” nennt Gisela Krause ihre Ausstellung in der Galerie Kunstforum in Winterthur. Damit gewährt sie Einblick ins gegenwärtige Schaffen und Rückblick über die in den vergangenen Jahren entstandenen Werke. Sowohl in den neuen Raumobjekten wie in den früheren Bildern ist die Linie bestimmend. Die Zeichnung als gestische Strichgebärde liegt allen Arbeiten Krauses zugrunde. Im Frühwerk war es die expandierende Linie, die Figuren körperhaft formte, heute ist es die sich verdichtende Linie, welche die Wirklichkeit in Fragmenten abstrahiert und von deren Binnenstruktur her erfasst. Die festlegende, definierende Linie ist ihr als Medium fremd. Ihre Linien umschreiben ihren Gegenstand höchstens, sie überschneiden sich vielfach und lösen sich wieder auf. Derart gelangt etwas bewegt Tänzerisches in Arbeitszyklen wie “Cats” oder “Street Parade”. Nicht umsonst erscheinen in ihrem Werk immer wieder Flügelmenschen, Wesen also, die mit ihrer Körperschwere nicht an die Erde gebunden sind, sondern die sich frei in die Luft schwingen können. Ihr grossformatiges Triptychon setzt ein mit dem Sturz des lkarus und lässt ihn hernach, der Körperlast entledigt, davon schweben und das Scheitern überwinden. Ähnlich durchlässig und flüchtig wie die Flügelwesen ist das Wasser wiedergegeben. Es gibt in den neuen Arbeiten nicht nur das Motiv an, sondern bestimmt auch die Struktur der Bildanlage; es erscheint als Gischt, die sich aus sprühenden Partikeln momentweise heranbildet.

AFK, NZZ